Die Leistung und ihr Preis (Teil 2)

Letzte Woche habe ich in einem ersten Teil über das Mindset von Leistung und Preis nachgedacht. Heute beschäftige ich mich mit dem Thema Preisgestaltung. Die Definition des richtigen Preises gehört zu einem der schwierigsten Themen in der Unternehmensstrategie. Entweder wir sind zu teuer, dann verlieren wir Umsatz. Oder wir sind zu billig, dann verlieren wir wertvollen Deckungsbeitrag.

Leider wird das Thema in vielen sogenannten “Positionierungs-Workshops” viel zu oberflächlich betrachtet und es werden auch sehr gefährliche Empfehlungen gegeben. Gerade in der Branche der “Speaker” (ich habe schon ausführlich über meine Meinung zu dieser Branche Auskunft gegeben) steht häufig der Appell im Raum: “Du bist zu billig!” oder “Du könntest höhere Honorare erzielen!”. Das kann in dem einen Fall richtig sein, in einem anderen Fall führt es dazu, dass gar kein Geschäft gemacht wird. Es ist eben nicht so einfach mit dem Preis.

Als vor einigen Jahren die Marke Bionade als Erfrischungsgetränk eine gewisse Beliebtheit und Aufmerksamkeit erreicht hatte, kam das Management auf die Idee, den Preis für eine Flasche über Nacht um 33 Prozent zu erhöhen, was dazu führte, dass der Umsatz um mehr als 60 Prozent einbrach. Daher spricht man bei der Preisstrategie auch von einer Allokation und von vielen Faktoren, die für eine möglichst optimale Preisgestaltung wichtig sind.

Eine Leistung muss nicht nur eine sehr gute Qualität haben, sondern auch eine gute Darstellung, ein passendes Marketing und eine gute Verkaufsleistung. Wenn in einem dieser vier Bereiche Mängel bestehen, wird es auf Dauer schwer, einen guten Preis zu erzielen.

Qualität -> Darstellung -> Marketing -> Verkauf

Der ersten Regel aus dem vorangegangenen CDI zu diesem Thema (“Leistung wird zum Wert, wenn sie verkauft und bezahlt ist.”) werde ich einen eigenen CDI widmen. Jetzt geht es mir zuerst um das Thema “Darstellung”.

  1. Gedanke: Ankerpreise etablieren
  2. Gedanke: Tendenz zur Mitte
  3. Gedanke: Wahrnehmungsschwellen beachten
  4. Gedanke: Beschreibung der Leistung und des Preises 

Wir vergleichen Preise gerne mit vergleichbaren Leistungen und mit den Optionen, die wir bei einem Kauf bekommen. Daher ist es beim Thema Ankerpreise wichtig, dem Kunden eine Wahl zu geben. Wir kennen viele Beispiele aus unserem Alltag. Schon beim Tanken fällt uns auf, dass sich “edle” Treibstoffe etabliert haben, die “Ultra”, “Plus”, “Power” oder andere Bezeichnungen im Namen tragen. Die wenigsten Fahrzeuge brauchen diese Art von Kraftstoff wirklich und sie sind unverhältnismäßig viel teurer als der reguläre Kraftstoff. Manche Menschen meinen jedoch, ihrem Auto etwas Gutes zu tun, wenn sie genau diesen teuren Kraftstoff tanken. Das bedeutet dann, dass es gelungen ist, eine Premium-Leistung zu verkaufen. 

Für den Anbieter ist das gut, weil der Deckungsbeitrag sehr hoch ist. Das ist bei den entsprechenden Fahrzeugen, die zum Beispiel ein “M”, “RS” oder “R” in ihrer Typenbezeichnung tragen, nicht anders. Mal abgesehen von der Klimadiskussion tragen genau diese Fahrzeuge viel zum Gewinn der Autohersteller bei (jedenfalls in den letzten Jahren). Aber der Verkauf von Premium ist ja nicht alles, sondern die Preise der anderen, auch sehr guten Leistungen, erscheinen im direkten Vergleich günstig. Das nennt man “ankern”. Wir ankern die Aufmerksamkeit auf einen sehr hohen Preis, den wir gar nicht bezahlen wollen – und wir müssen das ja auch nicht, weil es günstigere Angebote gibt. 

Wenn wir unterschiedliche Angebotsvarianten unterbreiten – Economy, Business und First –, dann gibt es beim Kauf eine Tendenz zur Mitte. Bieten Sie daher, wenn es geht, drei Varianten an und konzentrieren Sie sich mit dem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis an der Mitte. Es wird immer Kunden geben, die gerne das günstigste Angebot nehmen und andere Kunden, die gerne Premium kaufen. Der größte Teil wird sich bei einer guten Preisgestaltung an der Mitte orientieren.

Die Formulierungen kommen uns aus der Luftfahrt bekannt vor und weil es auf der Kurzstrecke kein First-Angebot gibt, führt man eben Economy-Plus ein. Auf der Langstrecke funktionierte das bisher ganz gut, denn die Business-Plätze sind oft zuerst ausgebucht. Wir werden sehen, wie sich das nach der Krise entwickeln wird.
Das Ganze klappt natürlich nicht bei jedem Produkt und jeder Dienstleistung, aber viel häufiger, als Sie denken – egal in welcher Branche. 

Die anderen beiden Gedanken folgen als Inspiration in den nächsten Tagen.