Endlich Montag! (KW 30) Digitale Souveränität
Ich war letzten Freitag mittendrin im IT-Chaos. Zusammen mit Yasmine wollte ich nach Mallorca fliegen vom BER, unserem internationalen Flughafen in Berlin. Lustig war, dass wir vor dem Abflug noch einen Spaziergang machten und wir die aktuellen Nachrichten nicht im Blick hatten. So kamen wir am Berliner Flughafen an und ich wunderte mich schon auf dem Weg zum Check-In, dass jemand kostenlos Wasserflaschen verteilte. “Wie nett” dachte ich mir und hielt es für eine Charmeoffensive des meistens dysfunktionalen Flughafens. Angekommen am Check-In merkten wir ziemlich schnell, dass etwas nicht stimmt und konnten es dann ja auch in den aktuellen Nachrichten-Feeds nachlesen. IT-Chaos, rund um Microsoft und dem Dienstleister CrowdStrike. Die Abhängigkeit von der digitalen Welt wurde mir sehr schnell bewusst, denn die Bordkarten wurden wieder mit der Hand geschrieben. Das führte immerhin dazu, dass wir mit fast vier Stunden Verspätung nach PMI abheben konnten. Noch funktioniert die alte Welt. Aber nicht mehr lange. Und dann? Das war meine Bordkarte. Die Abwicklung, die nach dem Check-In folgte, war erstaunlich einfach. Wie einfach Prozesse auch ohne digitale Unterstützung sein können, fand ich auch bemerkenswert. Und daher widme ich mich heute einem spannenden Thema, dass sowohl mit digitaler Kompetenz (UE II – Digitale Souveränität), als auch mit Risikomanagement zu tun hat (UE III – Finanzielle Souveränität). In beiden Feldern bietet das SchmidtColleg seit diesem Jahr zwei neue Seminare an. Aktueller geht es nicht.
Wir befinden uns in einem sehr wichtigen Wandel, der nicht nur riesige Chancen bietet, sondern auch immense Risiken beinhaltet.
Wir sprechen heute also über die Notwendigkeit der Unabhängigkeit, auch von digitalen Prozessen und Plattformen. Wenn wir diesen Weg weitergehen, dann verlieren wir unsere Freiheit und das wäre ein Prozess, der vielleicht nicht mehr umkehrbar ist. So viele Jahrhunderte kämpften Menschen für ihre Freiheit, um sie im 21. Jahrhundert leichtfertig wieder abzugeben.
Die Ereignisse des letzten Freitags haben uns eindrucksvoll vor Augen geführt, wie fragil unsere digitale Infrastruktur ist. Ein IT-Chaos, ausgelöst durch den Ausfall eines großen globalen Anbieters, legte zahlreiche Unternehmen lahm und zeigte uns die Gefahren einer Abhängigkeit von wenigen globalen Unternehmen, die unsere Plattformen und kritische Infrastruktur dominieren.
Was bedeutet Digitale Souveränität für mich? Digitale Souveränität ist die Fähigkeit eines Staates, einer Organisation oder eines Individuums, die eigenen Daten und IT-Infrastrukturen selbstbestimmt zu verwalten und zu kontrollieren. In einer global vernetzten Welt, in der einige wenige Tech-Giganten den Markt beherrschen, wird diese Unabhängigkeit zunehmend kleiner und die Gefahren der Abhängigkeit wachsen in einer nicht vorstellbaren Geschwindigkeit.
Sicherheitslücken und Ausfälle: Ein zentraler Ausfall kann massive Störungen in der Wirtschaft und im Alltag verursachen. Ein einziges Problem bei einem großen Anbieter kann weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche Unternehmen und kritische Infrastrukturen haben.
Datenhoheit: Daten sind das neue Öl des 21. Jahrhunderts. Wer die Daten kontrolliert, kontrolliert Märkte. Die Konzentration von Daten bei wenigen Unternehmen bedeutet, dass diese Unternehmen über einen enormen Einfluss verfügen und diesen auch missbrauchen könnten. Einem einzelnen Menschen kann ich gut vertrauen. Bei einer großen Gruppe von Menschen fällt mir dies indes schwer. Unternehmen, Institutionen und Staaten haben in der Geschichte immer wieder Macht missbraucht.
Eingeschränkte Innovation: Wenn wenige große Unternehmen den Markt dominieren, können kleinere Unternehmen und Start-ups oft nicht mithalten. Dies führt zu einer Stagnation an Innovation und zu wenig Wettbewerb.
Abhängigkeit und Erpressbarkeit: Staaten und Unternehmen, die sich auf ausländische IT-Infrastrukturen verlassen, machen sich abhängig und erpressbar. Dies kann in geopolitischen Krisen fatale Folgen haben. Daher die zentrale Frage: Wie entsteht digitale Souveränität?
Förderung lokaler Anbieter: Durch die gezielte Unterstützung und Förderung lokaler IT-Dienstleister und Start-ups können wir eine breitere und sicherere Basis schaffen.
Offene Standards und Interoperabilität: Die Förderung offener Standards und interoperabler Systeme ermöglicht es, von verschiedenen Anbietern unabhängig zu bleiben und dennoch nahtlos zu arbeiten.
Bildung und Weiterbildung: Investitionen in Bildung und Weiterbildung im IT-Bereich sind sehr wichtig, um das notwendige Know-how im eigenen Land aufzubauen und zu halten. Das gilt auch für Unternehmen und hier fühle ich mich als SchmidtColleg unseren Kunden verpflichtet.
Diversifizierung: Die Vermeidung von Monokulturen in der IT-Landschaft durch die Diversifizierung der genutzten Technologien und Anbieter kann die Resilienz erhöhen.
Staatliche Rahmenbedingungen: Regierungen müssen klare Regeln und Gesetze schaffen, die den Schutz der Daten und die Unabhängigkeit der IT-Infrastrukturen sicherstellen. Diesen Punkt sehe ich als eine ganz besondere Herausforderung, da wir in Zukunft nicht nur von mächtigen Demokratien sprechen werden und der größten Wirtschaftsnation der Welt ein Verlust der Demokratie droht. Dieser Verlust wurde übrigens erst durch die Dominanz digitaler Plattformen möglich. Heute hat jeder seine eigene Wahrheit und die Akzeptanz von Lügen und Verschwörungstheorien sind ein großer Feind der Demokratie.
Digitale Souveränität ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit in unserer vernetzten Welt. Die Ereignisse des letzten Freitags sind ein sehr ernster Weckruf, unsere Abhängigkeit von wenigen globalen IT-Konzernen zu überdenken und Strategien zur Stärkung unserer eigenen digitalen Souveränität zu entwickeln. Das gilt nicht nur für Staaten, sondern auch für jedes einzelne Unternehmen. Hier können wir gemeinsam eine sichere, unabhängige und innovative digitale Zukunft gestalten.
Zitat: „Wer die Daten kontrolliert, kontrolliert die Zukunft.” – Stephen Hawking
Frage: Wie abhängig ist Ihr Unternehmen von kritischer digitaler Infrastruktur?
Ich wünsche Ihnen eine souveräne und schöne Woche.
Ihr
Cay von Fournier