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Realität und Denkfehler – Teil 2

Selbstüberschätzung (Die Overconfidence-Bias)

 

„Die Hybris, die uns versuchen lässt, das Himmelreich auf Erden zu verwirklichen,
verführt uns dazu, unsere gute Erde in eine Hölle zu verwandeln.“
Karl Popper

 

Beginnen wir mit dem ersten und bekanntesten Denkfehler: der Selbstüberschätzung bzw. Hybris. Sie wurde bereits in den antiken Sagen erwähnt und es deutet alles darauf hin, dass wir Menschen uns schon seit sehr langer Zeit für Götter halten und uns selbst überschätzen. Yuval Noah Harari machte das mit seinem Buch “Homo deus” in der Neuzeit und für die Zukunft deutlich. Selbstüberschätzung und geistige Maßlosigkeit wurde uns in den letzten Jahren auch auf höchster politischer Ebene in den USA vor Augen geführt. 


Um sich diesem Denkfehler bzw. der Verzerrung unseres Denkens zu nähern, können wir folgende Unterschiede machen:

  1. Selbstüberschätzung – Wir denken oft, dass wir ein Ziel schneller und besser erreichen können, als es tatsächlich der Fall ist. Auch überschätzen wir häufig unsere Fähigkeiten, eine Aufgabe in der vorgegeben Zeit zu erledigen. Diese Form der Hybris beziehen wir auf unsere Fähigkeiten und vergleichen diese nicht mit anderen.
  2. Überheblichkeit – In diesem Fall vergleichen wir uns mit anderen Menschen und glauben, etwas besser zu können als sie. Wir haben gerne ein verzerrtes Bild und sind der Meinung, dass nur wir etwas können und die anderen es wieder mal nicht geschafft haben. Der Witz über die vielen Geisterfahrer, die einem entgegenkommen, schlägt genau in diese Kerbe. Im Alltag hören wir solche Beispiele oft. Kahneman beschreibt in seinem Buch “Schnelles Denken, langsames Denken” eine Befragung von Autofahrern, in der sich 90 Prozent für überdurchschnittlich gute Fahrer hielten. Er nannte diesen Effekt den Above-Average-Effekt.
  3. Nachträgliches Besserwissen – Viele Menschen überschätzen sich auch in ihren Prognosen und korrigieren diese rückwirkend. “Habe ich doch richtig vorhergesagt.” Oder besser noch: “Hätte ich euch doch gleich sagen können.”

 

Problematisch wird es, wenn auf Grundlage dieser Denkfehler Entscheidungen getroffen werden, die ein großes Risiko in sich tragen. Wir kennen die unzähligen Geschichten von Firmenfusionen, deren Vorteile und Perspektiven in den schillerndsten Farben dargestellt wurden und die sich als ein Flop erwiesen. Je größer die Macht ist, die ein Mensch hat, desto größer und schädlicher werden seine Denkfehler. 

 

Wie können wir Denkfehler vermeiden?

Durch eine gelebte Feedback-Kultur im Unternehmen und die Freiheit jedes Einzelnen, eine konstruktive Kritik äußern zu dürfen. Hier spielen die Denkstile eine große Rolle. Der sachliche Denkstil neigt zu einer nüchternen Analyse und Kritik, wohingegen der kreative Denkstil gerne die kritischen Analysen ausblendet oder sie gar nicht erst nutzt. Die Selbstüberschätzung kommt aber bei allen vier Denkstilen vor. Es wird umso gefährlicher, wenn die Selbstüberschätzung auch noch sachlich und rational vorgetragen wird.

Ein anderer Schutz (so wie bei allen Verzerrungen) ist es, sich diese Verzerrung unseres eigenen Denkens bewusst zu machen, um sie so vermeiden zu können. Außerdem sollten wir unserem Bewusstsein häufiger die Botschaft senden: “Nimm Dich selbst nicht so wichtig!”